Was ist ein Venustransit?
Von einem Venustransit spricht man, wenn der Planet Venus von der Erde aus gesehen über die Sonnenscheibe wandert (transire [lat.] = vorbeigehen). Dies ist ein astronomisches Ereignis, welches extrem selten, aber in regelmäßigen Abständen von 8, 105.5, 8, und 121.5 Jahren auftritt, also wesentlich seltener als eine totale Sonnen- oder Mondfinsternis (alle 18 bzw. 17 Monate). Der Planet Venus kreist innerhalb der Erdbahn um unser Zentralgestirn. Ein Umlauf der Venus um die Sonne dauert 224 Tage. Da die Erde sich in dieser Zeit natürlich auch auf ihrer Bahn weiterbewegt, dauert es aber jeweils 584 Tage, bis Venus die Erde wieder einmal überholt, was nichts anderes bedeutet, als daß sie zwischen Sonne und Erde hindurchzieht. Bei dieser sogenannten Unteren Konjunktion hält der nahezu erdgroße Planet sich meistens unter- oder oberhalb der Sonne auf. Der Grund dafür ist, daß die Venusbahn um etwa 3,4° gegen die Erdbahnebene (= Ekliptik) geneigt ist. Nur wenn Venus sich in unterer Konjunktion sehr nahe oder genau auf einem der beiden Schnittpunkte (= Knoten) ihrer Bahn mit der Erdbahnebene befindet, kommt es zu einem Venustransit. Dies ist vergleichbar mit Sonnen- und Mondfinsternissen, die nur eintreten, wenn der Neu- oder Vollmond nahe an den Bahnknoten steht.
Venusdurchgänge können nur in den Tagen um den 7. Juni und um den 8. Dezember stattfinden, weil die Venusbahnknoten zu den genannten Daten von der Erde aus gesehen vor der Sonnenscheibe stehen.
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Was ist zu sehen?
Ein Venustransit ist eine gemächliche Angelegenheit, die bei einem zentralen Vorübergang bis zu 8,5 Stunden dauern kann.
Da die Venus von der Erde aus einen scheinbaren Durchmesser von immerhin 60 Bogensekunden aufweist, kann man den Planeten ohne optische Hilfsmittel als winzigen schwarzen Punkt über die Sonnenscheibe wandern sehen. Selbstverständlich darf die gleißend helle Sonne nur mit den bekannten "SoFi-Brillen" beobachtet werden. - Ein ungeschützter Blick auf die Sonne führt zu schweren Augenschäden bis hin zur Erblindung!
Die Venusdurchgänge im 18. und 19. Jahrhundert waren astronomische Großereignisse, denn man hoffte, mit ihrer Hilfe die Entfernung der Erde von der Sonne genau bestimmen zu können. Dieses Vorhaben scheiterte letztendlich an einem damals unerklärlichen Phänomen, dem "Schwarzen Tropfen": Nachdem das Planetenscheibchen ganz vor die Sonne gewandert ist, scheint es noch eine Weile über eine dunkle Brücke mit dem Sonnenrand verbunden zu bleiben. Man gewinnt den Eindruck eines schwarzen Tropfens. Wenn diese Verbindung endlich abreißt, ist das Venusscheibchen schon ein ganzes Stück vom Sonnenrand entfernt, so daß eine exakte Messung des Eintritts in die Sonnenscheibe nicht möglich ist. Damit entfällt eine wesentliche Voraussetzung für die Bestimmung der Entfernung Erde - Sonne.
Heute besteht kein Zweifel, daß der Tropfeneffekt eine optische Täuschung, mithin ein in der Physiologie des menschlichen Sehapparates begründetes Phänomen ist.
Inzwischen sind die Entfernungen im Sonnensystem genau bestimmt worden, u.a. mit Hilfe von Radarabtastungen der Venus. Der nächste Venustransit - der 6. erst, den Menschen beobachten werden - besitzt keine astronomische Bedeutung mehr, sondern wird vermutlich als weiteres Großevent des multimedialen Zeitalters celebriert werden. Millionen werden Zeugen eines Ereignisses werden, daß kein heute lebender Mensch jemals gesehen hat. Und vielleicht liegt gerade in diesem Gedanken die eigentliche Faszination des Venustransits?!
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Wann und wo ist ein Venustransit zu sehen?
Ein Venustransit ist prinzipiell überall dort zu sehen, wo die Sonne gerade über dem Horizont steht. Im Juni tut sie das in unseren Breiten für rund 16 Stunden, im Dezember nur für etwa 8 Stunden. Dezembertransite sind genauso häufig wie Junitransite, weil die Venusbahn nahezu kreisförmig ist. Berücksichtigt man nun noch, daß das Ereignis mehrere Stunden dauert, so liegt die Chance, einen beliebigen Venustransit von Deutschland aus zumindest teilweise beobachten zu können, bei rund 70 %. Das ist jedoch nur ein Durchschnittswert: tatsächlich waren von den 8 Venustransiten seit 1500 5, eventuell auch 6 in Deutschland teilweise sichtbar, jedoch keiner in seinem ganzen Verlauf. Andererseits können wir von den 10 Transiten bis 2500 8 bei uns sehen, davon 4 komplett, darunter auch den am 08.06.2004. Am 6. Juni 2012 ist nur die Schlußphase kurz nach Sonnenaufgang in Mitteleuropa zu beobachten. So extrem selten Venustransite auch auftreten: für einen bestimmten Beobachtungsort sind sie statistisch immer noch häufiger als eine totale Sonnenfinsternis. Während es aber dank der heutigen Verkehrsmittel prinzipiell möglich ist, alle paar Jahre eine totale SoFi zu besuchen, gibt es beim Venustransit nach 2012 keine dritte Chance mehr! Die in Mitteleuropa generell eher trüben Witterungsverhältnisse schmälern die Beobachtungschancen jedoch ganz erheblich. Es spricht also alles dafür, sich nach einem Reiseziel mit optimalen Wetterstatistiken umzusehen.
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